18:00 Uhr
Ein grüner Junge
von Fjodor Dostojewski
Vor 29 Jahren war Star-Regisseur Frank Castorf mit „Hamlet“ schon einmal in Köln. Jetzt kam er wieder ins Schauspiel und inszenierte „Ein grüner Junge“, einen Roman von Fjodor Dostojewski. Er zog alle Register einer großen Bühnenshow – doch nicht alle Premierenzuschauer hielten die sechs Stunden im Depot 1 durch.
Denn inhaltlich serviert Castorf schwere, verwirrende Kost. Da hilft nicht einmal der Blick ins Programmheft, Seite „Zum Stück“ so richtig weiter. Elf Schauspielerinnen und Schauspieler teilen sich abwechselnd–zig Rollen. So viele, dass diese nicht einzeln aufgeführt werden. Aus Platzgründen, heißt es. Da – wie zu lesen ist – auch der 1875 erschienene Roman verwirrend und komplex ist, handelt es sich offensichtlich um eine werktreue Inszenierung.
Sechs Stunden Theater, eine halbe Stunde Pause inbegriffen, sitzt ein wahrer Castorf-Fan locker auf einer Arschbacke ab. Selbst wer früher geht – und das war über den Daumen geschätzt jeder Fünfte –, hat zumindest ein Ensemble in Hochform gesehen: Sophia Burtscher, Bruno Cathomas, Melanie Kretschmann, Nicolas Lehni, Sean McDonagh, Peter Miklusz, Mathias Oster, Tiphaine Raffier, Nikolay Sidorenko, Sabine Waibel und Ines Marie Westernströer.
Schließlich bietet Castorf – je nach Zeitpunkt des Gehens – schöne Bilder, Pepsi-Cola-Reklame und einen gefühlvollen Einspielfilm (Arkadij als kleiner Junge, den seine Altersgenossen wegen seiner Unehelichkeit verprügeln und dessen Stiefvater von der Polizei abgeholt wird). Und viel laute Musik. Bis zum Ende muss bleiben, wer Bob Dylans „The times they are a-changing“ mitsummen will. Ein in jeder Hinsicht melancholischer Schlussakkord.
51063 Köln