19:00 Uhr
„DEUTSCH-POLNISCHE Erinnerungsorte“
Vorstellung der Buchreihe und Podiumsgespräch mit Hans Henning Hahn und Robert Traba, den Herausgebern.
In Zusammenarbeit mit Maciej Górny und Kornelia Ko?czal, Ferdinand Schöningh Verlag Paderborn 2011-2015
Moderation: Michael Hesse, Politikredaktion des "Kölner Stadt-Anzeigers".
117 Autoren, neun Bände (fünf auf Deutsch, vier auf Polnisch): Das größte gemeinsame Projekt im Bereich der Geisteswissenschaften ist inzwischen abgeschlossen. Es stellt ein wohl präzedenzloses Beispiel für die Vitalität des deutsch-polnischen Wissenschaftsdialoges dar. Das Projekt wurde seit 2006 am Zentrum für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Zusammenarbeit mit der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg realisiert. Es stellt gleichzeitig einen paradigmatisch wichtigen Fortschritt für die Erforschung der deutsch-polnischen Beziehungsgeschichte sowie auch einen Beitrag zur europäischen Forschungsdebatte über das kollektive Gedächtnis dar.
Erinnerungsorte sind keine topographischen Orte, sondern historische Bezugspunkte der kulturellen Identität einer Gesellschaft - Personen, Ereignisse, Orte und Regionen, historische Phänomene.
Das Projekt behandelt zum ersten Mal die Bilateralität kollektiven Erinnerns in Europa. Es macht die Dimension von Nachbarschaft für historisches Wissen deutlich, denn man kann deutsche Geschichte nicht ohne die Kenntnis der polnischen und polnische Geschichte nicht ohne die Kenntnis der deutschen verstehen.
Zu den geteilten und gemeinsamen Erinnerungsorten gehören Personen wie Friedrich der Große, Karl Marx, Nikolaus Kopernikus oder Bismarck, Ereignisse wie der Erste Weltkrieg, die Schlacht bei Tannenberg, der Ghettoaufstand in Warschau 1943 und der Warschauer Aufstand 1944, Orte, Länder und Regionen wie Annaberg und Lodz, Schlesien und Sachsen, Frankreich, Russland und die Türkei. Die parallelen Erinnerungsorte machen deren Funktion in den beiden Identitätsdiskursen sinnfällig, sei es Goethe und Mickiewicz als die jeweiligen Nationaldichter, die beiden Missionare Bonifatius und Adalbert oder die Komponisten Beethoven und Chopin, bis hin zu den Lieblingsautos Käfer, „Maluch“ und Trabi.
Die Herausgeber betonen, dass sie sich nicht nur an ein wissenschaftliches Fachpublikum richten. Das Projekt Deutsch-Polnische Erinnerungsorte soll auch den Kreis interessierter Leser/innen mit und ohne Vorkenntnisse über die deutsch-polnische Geschichte erreichen. Das Heraustreten aus der deutsch-polnischen Fachnische erscheint möglich und denkbar, weil die Auswahl der parallelen Erinnerungsorte viele Ansätze zur Diskussion bietet. So reicht das Spektrum der Texte von Politik- und Militärgeschichte, über Literatur, Musik und Sport bis zur Alltagsgeschichte. Auch die Erinnerungen der DDR-Gesellschaft wurden berücksichtigt; ebenfalls die Erinnerungen der jüdischen Teile der jeweiligen Gesellschaften. Es ist gerade diese Erweiterung eines allzu akademischen Verständnisses von Erinnerungskultur, die das Schmökern in diesen Bänden zu einem Vergnügen macht.
50667 Köln